Samstag, 18. Februar 2012
Zu Hause
Ich kann mich nicht erinnern, dass du schon mal so lange bei mir warst.

Ich rede mit dir und manchmal, manchmal da hörst du mich nicht mehr.

Aber ich weiß, was du mir sagst und ich will es nicht mehr hören, ich kann es nicht mehr hören.

Glaubst du mir nicht mehr?

Du erwartest so viel, zu viel.

Seit wann möchtest du so wenig?

Seit mir klar ist, dass ich mehr nicht haben kann, dass ich vielleicht nicht einmal eine Sache haben kann, die wir wollten.

Das stimmt so nicht. Du hast gewählt, was du möchtest. Ich habe dir nur einen Weg gezeigt, deine Ziele zu erreichen.

Letztendlich bin ich nirgends angekommen.

Auch das stimmt so nicht, meine Liebe. Aber du wolltest mehr.

Mehr als möglich?

Wenn du aufhörst, mir zuzuhören, dann mehr als möglich.

Sei lauter.

Früher warst du so leise und hast mich so gut verstanden.

Ich habe solche Angst vor der Stille.

Wenn ich rede, ist es nicht still.

Ich weiß. Vielleicht möchte ich Ruhe.

Was ist dann mir all den anderen Dingen, die du wolltest?

Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht mal, ob ich wissen möchte, wie es ohne dich ist.

Schatz, ich liebe dich, ich werde niemals gehen.

Ich denke nicht, dass ich die Kraft habe, dich endlich wegzuschicken.

Dann lass dich wieder ein auf meine Stimme.

Ich hab solche Angst davor, wie es sein wird, wenn du gehst.

Aber meine Kleine, ich werde niemals gehen, wenn du mich nicht wegschickst und das kannst du nicht und das weißt du auch.


Glaubst du wirklich, du wärst noch hier ohne mich?

Ich hab etwas anderes gesehen. Einen Augenblick. Ich weiß nicht, ob es schlechter oder besser war. Aber es war eine Welt ohne dich.
Sie existiert, dass weiß ich nun.
Du meintest, es gäbe keine Welt ohne dich.

Nein meine Liebe, das habe ich so nicht gesagt. Ich habe dich niemals angelogen und das werde ich auch nicht. Es gibt keine Welt ohne mich, in der du leben kannst.

Warum nicht?

Weil du, meine Süße, jemanden brauchst, der dich liebt. Und ich liebe dich.

Ich will dich nicht mehr brauchen.

Das wird nie geschehen.

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Dienstag, 24. Januar 2012
Vom Wünschen
Er sitzt auf der Couch. Ich liege neben ihm, die Augen geschlossen, der Kopf ruht auf seinen Oberschenkeln. Entspannt. Zufrieden. Glücklich. Er telefoniert gerade. Ich weiß nicht mit wem, es interessiert mich auch nicht. Ab und an streichelt er über meinen Bauch.

Spielen, ich möchte ein bisschen spielen.

In einer fließenden Bewegung stehe ich auf, lächle ihm zu und drehe mich einmal. Bewusst langsam, denn ich weiß, wie gern er mir zusieht. „Ich muss Schluss machen. Bis die Tage.“ Jetzt habe ich seine gesamte Aufmerksamkeit für mich alleine. Guter Anfang. Ich geh vor ihm auf die Knie, lege meinen Kopf wieder auf seinen Schoß. Irritation in seinem Blick, doch er fängt an, Gefallen an dem Bild zu finden. Ich, auf dem Boden, unter ihm. Er trinkt genüsslich aus seinem Weinglas. Seine Hand fährt durch meine Haare. Ich schließe wieder die Augen, mein Kopf kommt seiner Hand entgegen, ich genieße seine Berührung und seufze leise. Seine Fingerkuppen streichen mir über die Wange und meine Lippen entlang. Ich öffne den Mund. Daraufhin fährt er mit dem Zeigefinger hinein. Ihn zu schmecken, erregt mich, jedes Mal. Eigentlich knabbere ich gern an seinen Fingern, beiße hinein, ärgere ihn, um dann seinen festen Griff im Nacken zu spüren, der mir sagt, ich solle es nicht übertreiben. Aber heute bin ich ganz weich. Meine Zunge umkreist seinen Finger sanft, ganz zärtlich lasse ich ihn ein- und ausgleiten. „Heute ist sie aber anschmiegsam“, kommentiert er mein Tun. „Vielleicht erfülle ich dir heute einen Wunsch.“

Nach diesem Satz verdunkeln sich seine Augen für einen kurzen Moment. Den Ausdruck kenne ich noch nicht. Ich kann ihn auch nicht recht deuten, eine Mischung aus Erregung, Macht und Gewalt, wobei ich mir nicht sicher bin, was davon überwiegt. Aber ich werde es noch früh genug herausfinden.

„Ich darf mir was wünschen und du erfüllst es mir, falls du es kannst?“

„Und wenn ich es nicht kann?“

„Bestrafe ich dich.“

„Bestrafen?“

„Man darf nichts versprechen, was man nicht halten kann.“

„Du weißt sehr genau, was und wie viel du mir zumuten kannst.“

„Ja, weiß ich. Was ist nun mit meinem Wunsch?“

„Wünsch dir was.“

Als ich überlege, was wir jetzt wohl für Sex haben würden, gibt er mir zu verstehen, mich auf seinen Schoß zu setzen. Mein Gesicht ganz nah an seinem. „Bist du heiß?“, möchte er wissen. „Ja.“ (Ja und wie). „Wie schade mein Schatz, ich wünsche mir nichts Sexuelles.“

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Samstag, 21. Januar 2012
Zu Hause
In letzter Zeit bist du wieder oft hier. Du gehst fast gar nicht mehr.

Du bist so traurig meine Liebe, da möchte ich nicht, dass du alleine bist.

Du musst gehen, du musst unbedingt gehen. Du musst mich allein lassen.

Dann darfst du mich nicht reinlassen. Dann musst du mich wegschicken. Dann wärst du allein. Aber das kannst du nicht. Das wirst du nie können, egal, wie sehr du es möchtest, egal, wie sehr du dich bemühst. Es wird dir nie gelingen. Denn du brauchst mich, du brauchst mich so sehr und das weißt du auch.

Ich hasse dich, ich hasse dich, ich hasse dich.

Nein Schatz, du liebst mich. Du liebst mich so sehr, so über die Maße. Ich glaube dir, dass du hasst, was ich mit dir mache. Aber ich verspreche dir, ich werde dir niemals mehr zumuten, als du tragen kannst.

Aber es ist so schwer, es ist so wahnsinnig schwer.

Deshalb bin ich immer bei dir.

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Gewöhnung
Nachts. Die Straßen sind menschenleer. Ich gehe durch die Stadt. Ich gehe nach Hause. Ich gehe allein. Ich gehe ohne Angst.

An das erste Mal kann ich mich noch gut erinnern. Die Straßenbahn fährt, knapp verpasst. Die nächste kommt erst in zwanzig Minuten. Hm, bis nach Hause brauche ich zu Fuß zwar fast eine halbe Stunde, es würde sich also nichts nehmen, zu warten oder zu laufen, aber ich möchte nicht warten.

Es ist keine sichere Gegend, in der ich wohne. Nachts. Allein auf der Straße. Das ist mir bewusst, aber ich gehe los. Ich tu es, wie so vieles andere auch. Mir passiert nichts. Mir passiert niemals irgendetwas. Ohne Höhen, ohne Tiefen.

Schritte. Hinter mir. Mein Puls geht hoch. Immer schneller werden meine Beine. Angst vor jedem Schatten, vor meinen Schatten. Ich bin vollkommen außer Atem, als ich die Wohnungstür hinter mir zuschlage. Aber nur die ersten Male.

Jetzt kann ich nachts vollkommen entspannt nach Hause gehen. Ich habe keine Angst mehr, ich bin bereit, ich bin frei.

Aber mir passiert nichts. Mir passiert niemals irgendetwas. Ich tue nur manchmal Dinge. Aber mir passiert nichts. Mir passiert niemals irgendetwas. Ohne Höhen, ohne Tiefen.

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